Das geltend Hessische Ladenöffnungsgesetz vom 13.11.2006 tritt mit Ablauf dieses Jahres außer Kraft. Der Regierungsentwurf vom 26.8.2019 zu Änderung des Gesetzes (LT-Drucks. 20/1083) ist sogar aus freiheitlicher Sicht teilweise zu loben.
Lob verdient, dass die Gemeinden nach dem künftigen wie bereits nach dem geltenden § 6 des Ladenöffnungsgesetzes „berechtigt“ sind, die Öffnung von Verkaufsstellen freizugeben. Das spricht dafür, dass die Gemeinden dabei eigene öffentliche Interessen, zum Beispiel die Erhaltung bestimmter Bezirke oder Handelszweige, wahrzunehmen haben.
Lob verdient die Änderung der zur Freigabe erforderlichen Anlassereignisse. Nach dem Regierungsentwurf sind die Gemeinden „aus Anlass von Märkten, Messen oder besonderen örtlichen Ereignissen (Anlassereignisse)“ zu Freigaben von Ladenöffnungen berechtigt. Nach dem alten Ladenschlussgesetz und dem geltenden Ladenöffnungsgesetz erfolgen Freigaben aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen, um auswärtige Besucherströme zu versorgen und für höhere Umsätze zu nutzen. Die vorgesehen Änderung der Anlassereignisse rückt davon ab.
Anerkennung verdient auch – und das mag bei einer freiheitlichen Sicht erstaunen – dass die Gemeinden wie bisher berechtigt sein sollen, die Öffnung von Verkaufsstellen an „jährlich bis zu vier Sonn- und Feiertagen“ freizugeben. Eine solche enge Begrenzung gewährleistet an sich, dass Freigaben nur in Ausnahmefällen und nur aus einem gewichtigen Interesse verfügt werden, so dass es eines Anlassbezuges mit Erörterung von Besuchermengen eigentlich nicht bedarf.
Die geringe Zahl zulässiger Ladenöffnungen von jährlich bis zu vier Sonn- und Feiertagen lässt es auch zu, dass wenn bei der Freigabe die Offenhaltung von Verkaufsstellen auf bestimmte Bezirke oder Handelszweige beschränkt wird, das Kontingent von vier Tagen nur für den jeweiligen Bezirk oder Handelszweig in Anspruch genommen und die Freigabe nicht für alle Verkaufsstellen im gesamten Gemeindegebiet angerechnet wird. Damit wird vermieden, dass Freigaben zu weit gefasst und deshalb rechtswidrig sind, und werden den Gemeinden angemessene Regelungen ermöglicht.
Zu loben ist schließlich auch, dass zur Prognose von Besuchermengen der Entwurf nicht blind der Rechtsprechung folgt, sondern mit dem Satz 3 des § 6 Abs.2 eine einschränkende Regelung trifft.
Der Entwurf bestimmt gemäß der Rechtsprechung, dass die Gemeinden beim Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu Freigaben berechtigt sind, wenn „ erwartet werden kann, dass das Anlassereignis einen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt“ (§ 6 Abs.1 Satz 1 Nr. 2). Diese Voraussetzung wird nach der Rechtsprechung nur erfüllt, wenn dafür eine von der Behörde anzustellende, plausible Prognose vorliegt (vgl.: VGH Hessen, B.v.21.10.2016 -8 B 2618/16; BVerwG Urt.v.11.11.2015 -8 CN 2/14, juris Rdn.25).
Die Anforderung einer besonderen begründeten Prognose wird mit dem Satz 3 des § 6 Abs.2 des Entwurfs teilweise aufgehoben: „Bei Anlassereignissen, die einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, bedürfen die Voraussetzungen des Abs.1 Satz 1 Nr. 2 keiner gesonderten Begründung“.
Mit dem Verzicht auf aufwändige und meist zweifelhafte Prognosen werden die Freigaben von Ladenöffnungen für die Gemeinden erheblich erleichtert. Die Gerichte dürfen sich dann gegebenenfalls zur Ablehnung von Eilanträgen nicht mit der Begründung begnügen, dass keine geeigneten Prognosen vorliegen, sondern müssten im Streitfall selbst mühsam ermitteln und einschätzen, ob die von der Gemeinde dargelegten Voraussetzungen des § 6 Abs.1 Nr.2 erfüllt sind. Das fördert in Eilverfahren die Bereitschaft, nicht auf einen Vergleich von Besuchermengen abzustellen, und fördert den Weg zur Abwägung von Interessen und sachlich richtigen Entscheidungen.
Rechtsanwalt Dr. Burkhard Preusche / BKPI
18.10.2019